Sonntag, 17. Juni 2012

Frauen, warum traut ihr euch nicht? Ein Aufschrei, Mädels, ihr macht mich wütend

Ich lese gerade ein Buch einer schwedischen Autorin, in Englisch, das da heißt 'Bitter Bitch'. Es geht um eine junge, verheiratete Journalistin, die mit ihrer Rolle als Frau und Mutter hadert. Die genau sieht, was alles selbst im ach so emanzipiert-gleichberechtigten Schweden noch falsch läuft und die trotzdem in jede Fauenfalle tappt, die sie sich selbst stellt.

Ja, natürlich reden Männer in Diskussionen am meisten, während die Mädels eher still dabeisitzen und zuhören, ab und zu mal ein Wort einwerfend oder den Männern zustimmend. Macht den Männern das Spaß? Über Frauen drüberzureden? Oder tun sie's nur, weil sie es so und nicht anders gewohnt sind? Und wie soll es dann helfen, solange den Mund zu halten und sauer zu werden, dass die Jungs so dreist sind-nur um dann mit schriller Stimme plötzlich die Zicke zu geben? Warum sagt Frau dann nicht einfach genauso mal was? Sind wir immer noch die zu gut erzogenen Mäuschen, die gelernt haben, dass man andere Menschen nicht unterbricht beim Reden? Hey Puppe, wach auf, dann kommst du nie zu Wort. Sind sich die Männer untereinander böse, wenn sie unterbrochen werden? Nein, sie nehmen es sportlich. NICHT persönlich. Es ist eine Diskussion, da fällt man(n) sich ins Wort. Punkt.

Meine allerlängste Freundin ist eine hochintelligente promovierte Wissenschaftlerin. Neulich war sie echt sauer auf ihre Kollegen. Was war passiert? Der Klassiker: In einer Sitzung, bei der sie zwar die einzige Frau, aber teils höher gestellt als einige der Kollegen war, wurde SIE zur Sekretärinnenrolle verdonnert. Flipchart bekritzeln. Offenbar hat aber geholfen, dass ich ihr in all den Jahren immer wieder erklärt habe, dass sie in Managerpositionen mit ihrer guten Erziehung nicht weiterkommt. Sie hat sich erlaubt, von ihrer perfekten, erhöhten Position, stehend vor den ganzen Männern, die Moderatorenrolle zu ergreifen und hat den Kerlen dabei auch noch ihre Ideen perfekt präsentiert. Sie hat die Kiste an sich gerissen-und war mächtig stolz, aber auch ein bisschen erschrocken über ihren Mut.

HALLO???? Aber so schaut's aus da draussen. Männer sind in Frauenaugen immer noch im Besitz der Wahrheit und der Macht, dabei sind sich Männer klar bewußt, dass sie gegen die Frau, oder besser ohne sie, keine Chance hätten hier auf Erden. Männer, Herrscher, haben Weltreiche riskiert um eine Frau zu beeindrucken! Männer haben Angst vor ihrer Ehefrau, oder woher kommen die ganzen Witze über Nudelhölzer? Die einzigen, denen das nicht bewußt ist, sind die Mädels! Aber es ist auch unbequem, die Komfortzone des Gewohnten zu verlassen. Denn dann funktioniert die Rollenverteilung nicht mehr und Frau muss für sich und die Dinge, die sie will auch einstehen. Sie kann sich nicht auf das süße Mädel und die Kulleraugen verlassen sondern muss liefern, da sein, Frau stehen. Wenn ich eine Idee habe, spreche ich sie aus. Wenn mich was nervt, versuche ich was zu ändern. Ich warte nicht, bis man mir die Erlaubnis gibt, ich erhebe meine Stimme. Und wenn ich dann gradestehen muss, weil was nicht funktioniert hat, dann tue ich das. Ich verlasse mich nicht drauf, dass ich mit nett und lieb und hübsch sein durchkomme. Weil es das für mich nie gegeben hat. Nur in der Grundschule, als zartes, stilles, schüchternes blondes Engelchen, als Lieblingsschülerin aller Lehreinnen, da ging das. Der Preis dafür war Mobbing. Logisch. Und so habe ICH das Gegenteil gelernt von dem, was brave Mädchen lernen. Brav sein hat zur Folge, dass mich andere Kinder hassen, mich aber dann doch vollschleimen, um von meinen Privilegien zu profitieren. Und ich habe verinnerlicht, dass ich auf diese Art von Anerkennung keinen Wert lege, dass ich solche Kinder/Menschen verachte und lieber auf ein paar falsche Freunde verzichte, allein bin, aber ein gutes Gefühl und Ehre im Leib habe.

Ich finde es auch anstrengend, allein in einer Bar am Tresen zu hocken und zu spüren, dass das für die Männer, und Frauen, rundrum eine merkwürdige Situation ist. Aber ich hocke da allein, weil es mir zu anstrengend ist, mich mit jemand zu treffen und reden zu müssen, auf den ich gerade nicht wirklich Bock habe. Ich bin lieber allein unterwegs als mit den falschen Leuten. Und wenn ich dann mit den Jungs hinter der Bar rede, in ihre Diskussionen einsteige und völlig selbstverständlich auch mal sage, dass sie Bullshit reden, dann merke ich immer, wie ungewohnt das für sie ist. Ne Frau, die sich mit Technik auskennt, ne Meinung zu Autos hat und damit angibt, gut Einparken zu können (es gibt viele Männer, die mir bestätigt haben, dass ich super Autofahre und selbst mein Vater ist stolz auf seine Tochter, die zur Not auch mal die Zündkerzen findet). Und vor allem: Diese Frau schämt sich nicht, stolz auf das zu sein, was sie kann! Und jetzt, liebe Damen, jetzt überprüft euch doch mal selbst. Wie oft stellt ihr euer Licht untern Scheffel, weil ihr als Kind eingetrichtert bekommen habt, dass Mädchen still und bescheiden zu sein haben? Dass man sich nicht so wichtig zu nehmen hat? dass man NICHT laut sein darf? Dass SICH DAS NICHT GEHÖRT! Wie oft? Na, klingelts? Haben das eure kleinen Brüder auch gesagt bekommen? Oder durften die laut sein, Dreck machen, Pokale stolz präsentieren? Wurden deren Erfolge relativiert? Nein?

Was für Horrorszenarien werden uns auch mal gerne von Hollywood präsentiert, um uns im Zaum zu halten. Wehe, wenn sie losgelassen? Thelma und Louise? Müssen am Schluß natürlich abtreten, wo kämen wir denn da hin, wenn Frauen anfangen sich zu wehren? Seht her was passiert, wenn ihr euch alleine, ohne eure Männer, auf die Straße traut! Vergewaltigt werdet ihr! Da zeigt euch dann so ein ganzer Kerl schon, wo der Hammer hängt. Wärt ihr mal schööööööön brav zuhause geblieben, hättet bei einer Flasche Rotwein mit der besten Freundin bisschen rumgeheult und wärt dann reumütig zurück zu Daddy... Merkt ihr was? Immer wenn Frauen aus der Reihe tanzen, passiert was Böses. Wenn sie brav bleiben, kriegen sie den Prinzen. Würg.

Und ich glaube, ich schreibe da vielen Männern aus dem Herzen, wenn ich sage, vergesst doch bitte mal eure scheißgute Erziehung! Macht einfach, wonach euch ist, fragt nicht immer direkt oder unterschwellig nach Erlaubnis, seid authentisch, steht zu euch und kümmert euch nicht so viel drum, ob es eurem Mann, irgendeinem Mann gefällt! Ja, es ist anstrengend, immer mal wieder zu spüren, dass die damit nicht umgehen können. Konsequenz macht auch ein bisschen einsam. Ich bin nicht umsonst Single. Meine Unfähigkeit, in den klassischen Mustern zu funktionieren, verdanke ich meinem Dad, der ohen Vater aufwuchs und immer einen Jungen wollte und meiner Ma, die eine sehr kranke Mutter hatte und mehr von ihrem Vater erzogen wurde. Zwei Elternteile, die ausserhalb gängiger Rollenmuster groß wurden und mir deswegen ein anderes Bild vermittelt haben. Ich könnte diese Mädchennummer nicht, selbst wenn ich wollte, ich hab's versucht...ehrlich. Geht nicht. Ich mach den Mund immer einmal zu viel auf. Chefs, KolleInnen, Männer, stoßen bei mir an ihre Grenzen.

Anders sein ist anstrengend. Aber es lohnt sich. Meine Freiheit und Authentizität sind mir wichtiger als eine klassische Beziehung, in der ich für meinen Geschmack immer zuviel Kompromisse machen müßte. Auch wenn ich hin und wieder rumheule, dass ich gern jemand hätte, zeigt die Erfahrung, dass Mann mich nur in kleinen Dosen erträgt. Ich fordere meine Umwelt. Aber das ist auch gut so. Und wenn mehr Frauen auf die Regeln scheißen würden, würden die Männer auch merken, wie entspannend es sein kann, nicht immer den starken Hengst geben zu müssen und auch mal anders sein zu dürfen.

Im Fall von meinem Ex darf er bei mir seine Hypersexualität schamlos ausleben, denn im Zweifel bin ich mindestens so wild wie er. Er muss nicht schmavoll im Geheimen Bildchen gucken im Internet. Er bekommt sie von mir geliefert und ich will welche von ihm! Er darf mir jede Phantasie erzählen und ich kann sie noch toppen. Damit qualifiziere ich mich vielleicht nicht zur festen Freundin, aber ich beherrsche seine Träume. Und ich habe wunderbar heissen Sex, ohne dass meine heißgeliebte Freiheit flöten geht. Denn das wittern die Männer wohl als erstes bei mir: An die Kette legen-no fucking way!

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